Der Titel kommt woher?
Bessarabien-Logo
Bessarabien­deutscher
Verein e.V.
Dobrudscha-Logo

Sonnenstrom für Bessarabien

Brigitte Bornemann · 03. Mai 2023
Jochen Hantschel aus Dettingen, mit seinem Sohn, hat für Ermstal-Hilft  die Solaranlage gebaut
Jochen Hantschel aus Dettingen, mit seinem Sohn, hat für Ermstal-Hilft die Solaranlage gebaut

Sonne haben sie genug in Bessarabien, Diesel dagegen ist knapp und teuer. So liegt es nahe, an eine Photovoltaik-Anlage zu denken, wenn es um eine netzunabhängige Stromversorgung geht. Denn dass auf die zentrale Energieversorgung nicht immer Verlass ist, zeigt sich jetzt im Ukraine-Krieg besonders schmerzlich. Der russische Angriff auf ukrainische Kraftwerke begann massiv im September 2022, er sollte Angst vor dem kalten Winter schüren und den Widerstandswillen der Zivilbevölkerung brechen. Dass diese Taktik nicht aufgegangen ist, hat viele Gründe, auch die weltweite Unterstützung der Ukraine durch humanitäre Hilfe gehört dazu.

Die ehemals deutschen Dörfer Bessarabiens werden von Ermstal-Hilft mit humanitärer Hilfe versorgt. Sie bringen Lebensmittel, Hygieneartikel, warme Kleidung, Erste-Hilfe-Ausstattung, Schutzwesten. Simon Nowotni, Leiter der Bessarabienhilfe des Bessarabiendeutschen Vereins und Mitinitiator von Ermstal-Hilft, ist oft bei der Auslieferung dabei. Die über Jahrzehnte aufgebauten vertrauensvollen Kontakte der Bessarabiendeutschen in ihre alte Heimat zahlen sich jetzt aus. Simon Nowotni erfährt genau, was gebraucht wird und was möglich ist. Seit September 2022 liefern sie auch Notstromaggregate verschiedener Stärke, um bei Ausfall des Stromnetzes eine Grundversorgung der Gemeinden mit Energie und Wasser zu gewährleisten. 120 Generatoren im Wert von insgesamt 80.000 EUR kamen bis Anfang März 2023 nach Bessarabien.

„Danke, Simon“, sagte eine Gemeindevorsteherin in einem der kleineren Dörfer Bessarabiens, als sie den Generator in Empfang nahm, „aber hast Du auch Brennstoff mitgebracht?“ – Das war die Initialzündung für eine eigene Produktentwicklung bei Ermstal-Hilft. Eine brennstoffunabhängige dezentrale Stromversorgung kann man mit Sonnenkollektoren aufbauen. Einer der ehrenamtlichen Mitarbeiter von ErmstalHilft kennt sich damit aus, Jochen Hantschel ist Ingenieur für Photovoltaik-Anlagen in einer regionalen Solarfirma. Über Weihnachten stellte er eine passende Konfiguration mit einer Leistung von 3 KW und Batteriespeicher zusammen. Das genügt, um eine Wärmestube zu versorgen, in der die Besucher ein warmes Essen bekommen und ihre Handys aufladen können. Vergleichbare Anlagen werden in Deutschland als „Balkonkraftwerk“ oder „Terrassen-Solaranlage“ angeboten. „Und wofür sind alle die Kabel?“ fragte Simon Nowotni, als ihm das Werk präsentiert wurde. Da musste noch ein Tischler ran, der die Sonnenkollektoren auf ein fahrbares Gestell montierte, alle Anschlüsse fest installierte und mit Farbmarkierungen und ukrainischer Beschriftung versah. Nun schaut nur noch ein Kabel für den Anschluss an die Stromleitung heraus, und die Anlage ist auch ohne Bedienungsanleitung und Service in der bessarabischen Steppe nutzbar.

Zwei Geräte wurden im Februar 2023 mit dem monatlichen Hilfstransport nach Bessarabien geliefert, eines wurde auf dem Dach der Schule in Arzis montiert, das andere ist für die baptistische Gemeinde in Wittenberg bestimmt.

Wir sind gespannt, wie sich die Minisolaranlagen in der Praxis bewähren, und freuen uns, wenn aus den handwerklich gebauten Einzelstücken bald eine industrielle Produktreihe wird.