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Reise nach Polen vom 28.04. bis 02.05.2023

Linde Daum · 14. Juni 2023
Am Gedenkkreuz im Wald von Slesin
Am Gedenkkreuz im Wald von Slesin

Unsere Reise nach Polen war während der Herbsttagung 2022 in Bad Sachsa beschlossen …

Zu dieser Tagung waren Pastor Dawid Mendrok und Deutschlehrer Adam Malinski als polnische Vertreter eingeladen. Es ging um die Aufarbeitung der Geschichte der Ansiedlung in Polen, aus beiderseitigen Erlebnissen.

Wie das in Bad Sachsa so ist, saßen wir abends bei Unterhaltung und einem guten Cognac aus Shabo, den Viktor Fritz spendierte, in guter Gesellschaft. Adam Malinski erklärte sich bereit, uns auf der Reise in unsere Vergangenheit zu begleiten. Das war eine sehr gute Entscheidung. In Polen, wo eine junge Generation heran gewachsen ist, geht die Verständigung fast nur in Polnisch oder Englisch.

1. Tag

In Bad Sachsa beschlossen, in Polen erfüllt. Eine spontan entschlossene  Reisegruppe.

In Bad Sachsa beschlossen, in Polen erfüllt. Eine spontan entschlossene Reisegruppe.

Ja, es ging am 28.04.2023 aus verschiedenen Richtungen auf die Reise. Wir waren acht Teilnehmer. Cornelia Richter und Elwira Timm kümmerten sich um die Fahrkarten per Bahn. Viktor Fritz hatte das Hotel in Konin gebucht und einen Kleinbus gemietet, den er auch sicher fuhr. In Berlin war der erste Treff mit Elwira Timm, Lilli Moses und Cornelia Richter, Monika Möseritz, Leontine Krüger, Linde Daum. Es ging dann mit der Bahn bis Posen. Dort wurden wir von Viktor Fritz, Adam Malinski und Lore Netzsch mit dem Bus abgeholt. Es ging zum Hotel nach Konin. Am späten Nachmittag trafen wir uns mit dem jungen Pastor Waldemar Wunsch in der Lutherischen Kirche, in der Pastor Immanuel Baumann in den Kriegsjahren angestellt war. Nach einem anschließenden Stadtbummel ging es dann ins Hotel zum Essen und natürlich Schwätzen. Es wurden Pläne für die kommenden Tage besprochen. Hauptanliegen waren die Besuche in den ehemaligen Ansiedlungsdörfern.

2. Tag

Ein typisches altes Holzhaus in Rataje an der  Warthe in Polen.

Ein typisches altes Holzhaus in Rataje an der Warthe in Polen.

Das erste Dorf war Rataje, wo Elwira ihre frühe Kindheit verbrachte. Sie konnte sich noch sehr gut erinnern. Leider steht das Haus nicht mehr. Aber der Blick auf die Warthe war sehr idyllisch. Das nächste Dorf war Mokronos, Ansiedlungsort der Döffinger, Vorfahren von Cornelia und Monika. Wir hatten uns dann vorgenommen, ältere Dorfbewohner zu befragen.

Das hat gut geklappt. Wir fanden den Hof und wurden alle recht herzlich eingeladen und bewirtet. Monika war so aufgeregt und hat aus Freude geweint. Cornelia konnte es nicht fassen, so eine Herzlichkeit. Es wurden Adressen ausgetauscht und Einladungen nach Wedderstedt angeboten. Ein junges Mädchen, die Nikola, lernt Deutsch in der Schule und freut sich auf einen Besuch. Dann ging es weiter nach Dzielice, Ansiedlungsort der Eltern von Linde. Hier fragten wir wieder einen älteren Herrn. Er schickte gleich seinen Sohn mit uns, der mit dem Auto vor uns her fuhr und die Straße fand, wo die Schulzens angesiedelt waren. Anhand eines Fotos konnten wir das Bauerngehöft finden. Doch leider war niemand zu Hause. Auf der Rücktour zum Haus unseres Begleiters lernten wir seine nette und hübsche Nachbarin Beata kennen. Sie arbeitete einige Jahre in Erlangen und sprach sehr gut Deutsch. Sie lud uns auch in ihr Haus ein. Doch leider war unsere Zeit schon knapp und es war uns auch schon peinlich, überall einzukehren. Doch Beata will mit uns Kontakte pflegen. Linde gab ihr eine Visitenkarte. Das war nun der zweite Tag. Es ging wieder voller Emotionen in ein Hotel nahe der Strecke. 

Es ist überall sehr sauber und es gibt leckeres Essen mit freundlicher Bedienung.

3.Tag

Am dritten Tag ging die Reise nach Łódź/Litzmannstadt. Hier wohnten wir in einer Lutherischen Kirche dem Gottesdienst bei, aber alles in Polnisch. Es gab dann noch ein kurzes Gespräch mit dem Pastor. Wir hatten ja unseren Adam. Er übersetzte alles, aber den Gottesdienst konnte er nicht simultan übersetzen. Dem Dom statteten wir auch noch einen kurzen Besuch ab. Es ging dann weiter in die Tuchmanufaktur, sehr beeindruckend.

Dann war noch Leontines Ort Sędzimirowice auf dem Programm. Sie hatte eine Urkunde dabei, die beinhaltet von wem der deutsche Bauer Otto Krüger den Hof übernommen hat. Auch hier war ein polnischer Herr wieder sehr hilfsbereit.

Nachdem Adam dem guten Mann erklärt hatte, wonach wir suchen, kullerten Tränen der Rührung über sein Gesicht, da ihm diese Geschichte bekannt ist. Seine Großeltern hatten 1941 ihr Haus und Hof auch abgeben müssen. Er telefonierte einige Zeit und begleitete uns zum Gemeindeabgeordneten, der wiederum uns auf die namentlich bekannte Spur lenkte.

So kamen wir vermutlich zu dem von Leontine gesuchten alten Haus, dessen heutige Bewohner uns den Weg zu dem früheren Besitzer zeigten. So kamen wir in das nahe liegende Dorf Waliszewice, wo wir die Nachkommen der namentlich gesuchten Leute antrafen. Wir wurden hier sehr herzlich aufgenommen. Es gab natürlich Kaffee und Kekse und selbst gemachten Zitronenlikör. Impulsive Gespräche mit Erinnerungen zeichneten diese Begegnung aus. Auch hier wurden wieder die Adressen ausgetauscht.

4.Tag

Wir fuhren zur Kirche nach Kutno, in der Dr. hc. Edwin Kelm konfirmiert wurde. Doch leider war sie verschlossen. Hier wartete auf uns Günther Fuchsi, ein Sachse aus Radeberg nahe Dresden. Er lebt schon 16 Jahre in Polen und fühlt sich sehr wohl. Er ist mit Adam befreundet und pflegt mit ihm Gräber der Opfer der Kriege.

Es ging dann weiter in die von Kutno nur durch eine Eisenbahnlinie getrennte Ortschaft Gołębiewek, dem Ansiedlungsort von Viktors Vorfahren. Auch Edwin Kelm siedelte mit seinen Eltern in Gołębiewek. Ein sehr schöner Ort mit neuen, gut gepflegten, Häusern. Wir fanden hier keine Zeitzeugen, so dass es schwer war, Spuren zu finden. Viktor konnte es nur erahnen. Er wird es aber sicher noch erkunden.

Unterwegs nach Slesin besuchten wir einen Friedhof in Babiak, den Adam Malinski und Günther Fuchsi pflegen. Vorher hatten wir in Kłodawa, Heimatort von Adam, ein Gesteck besorgt für das Gedenkkreuz in Slesin. Es war 1. Mai und Feiertag in Polen. Eine nette Blumenverkäuferin, eine Bekannte von Adam, öffnete für uns und bediente uns auch mit Kaffee in ihrem Laden. Wir gönnten uns auch noch ein echtes polnisches Eis. Das war lecker.

Auf dem weiteren Weg zwischen Kłodawa und Luboniek berichtete Adam uns, dass es die „Rote Straße“ sei. Sie war im Januar 1945 mit Blut getränkt. Panzer überrollten deutsche Flüchtlinge. Die dagebliebenen polnischen Bewohner waren darüber sehr traurig. Diese Erlebnisse können sie nicht vergessen. Adam ist sowohl Deutschlehrer als auch Historiker und kann interessierte Zuhörer gut in die Geschichte mitnehmen.

Nun ging es zum Gedenkkreuz im Wald von Slesin. Wir säuberten es. Cornelia, Monika und Linde wischten und wischten. Viktor schnitt die Zweige zurück, die es fast überdeckten. Dann legten wir unser Gesteck nieder und Lore las aus dem Buch von Leonide Baum einige Gedenkpassagen vor. Es war schon ergreifend.

Der Vater von Edwin Kelm wurde hier auf der Flucht vor den Augen seiner Kinder erschossen. Dann ging es wieder in unser schönes Hotel, unser letzter Abend. Wir entdeckten schon auf dem Parkplatz Autos mit deutschen LB-Kennzeichen. Eine neue Gruppe war eingetroffen mit dem gleichen Vorhaben wie wir. Wir verbrachten mit ihnen gemeinsam den Abend. 

Cornelia bedankte sich noch im Namen der Gruppe bei Adam, dem super tollen Dolmetscher.

5. Tag

Die Koffer waren gepackt und Viktor verstaute sie gewissenhaft mit dem Rollator von Elwira im Kleinbus. Er brachte uns dann zum Bahnhof nach Konin. Wir verabschiedeten uns nach bessarabischer Art händefassend im Kreis. Fast hätten wir „Kein schöner Land…“ gesungen.

Viktor, Lore und Adam fuhren mit dem Kleinbus nach Posen zurück. Unterwegs besuchten sie noch das Dorf Bierzglin bei Wreschen, dem Ansiedlungsort von Lores Mutter. Lillis Ort konnten wir nicht planen. Sie war mit ihrer Mutter allein in Polen und deshalb an mehreren Orten.

Ja, ein paar sehr schöne Tage waren nun vorbei. Diese Reise wird unvergesslich bleiben. Wir waren eine sehr gute harmonische Gruppe. Ein großes Dankeschön an Cornelia, Viktor und Adam.

Polen ist eine Reise wert. Die Menschen sind sehr herzlich und gastfreundlich. Die Orte sind sauber mit sehr gepflegten Häusern. Wir waren Fremde und wurden so lieb aufgenommen.