Letztes Gnadentaler/Hoffnungstaler Treffen – Rückblick

Christa Enchelmaier
Unser letztes Jahrestreffen, das 67., fand am 14. Oktober 2023 in Hanweiler statt. Es war eine sehr schöne Veranstaltung. Viele wollten daran teilnehmen und so wurden wir von Anmeldungen überhäuft. Die Räumlichkeiten mussten umorganisiert werden. Wir hatten Glück, dass wir den 2. Saal, der durch eine Schiebetür mit dem Veranstaltungsraum verbunden ist, zu einem großen Raum vereinen konnten. 65 Personen hatten sich angemeldet. Vermutlich wegen des schlechten Wetters kamen dann 56. Die meisten Teilnehmer waren schon zum Mittagessen angereist. Einer der ältesten Teilnehmer war Pfarrer Oskar Lindemann. Als er sich anmeldete hat mir verraten, dass er schon 93 Jahre ist und in Friedenstal geboren wurde. Er würde mit der Bahn von Bad Oeynhausen NRW kommen. Ich war erstaunt, dass er noch so weit allein reisen kann und geistig noch so fit ist. Spontan habe ich gedacht, dass es wunderbar wäre, wenn er zum Abschluss den Reisesegen sprechen würde. Er hat auch gleich zugesagt, was mich sehr gefreut hat. Neun Teilnehmer wurden noch in Bessarabien geboren und zwei in der Dobrudscha. Noch einen 93-Jährigen durften wir begrüßen, Willi Deiss ist aus Asperg bei Ludwigsburg gekommen. Zwei Hoffnungstalerinnen durften wir auch begrüßen; Hilde Rakebrandt kam aus dem Harz und Wilma Singer aus Wernau.

Mit 56 Teilnehmern war das letzte Gnadentaler/ Hoffnungstaler Treffen gut besucht
Crista Enchelmaier
Nach der Begrüßung und Bekanntgabe des Programmverlaufs durfte ich unsere Bundesvorsitzende Brigitte Bornemann ankündigen. Sie berichtete Aktuelles über den Verein, insbesondere ging sie auf den Museumsumbau und auf die Situation in der Ukraine ein, wohin viele Hilfslieferungen unserer Bessarabienhilfe, zusammen mit dem Verein „Ermstal hilft“, gehen. Erfreut ist sie darüber, dass sich viele aus der Enkelgeneration für die bessarabische Herkunft interessieren. Sie hofft, dass noch mehr sich vom bessarabischen Bazillus anstecken lassen und in unsere Geschichte eintauchen werden.
Nach der Kaffeepause hielt Erika Wiener einen Vortrag über ihre Reisen nach Sibirien, die sie 2016 und 2018 zu evangelischen Gemeinden in Omsk, Krasnojarsk, Wladiwostok und Irkutsk führte. Sie berichtete von Begegnungen mit Deutschstämmigen, deren Eltern nach Sibirien verschleppt worden sind und von dem Gefühl, den KGB immer in der Nähe zu wissen. Der Besuch des Gulags Nr. 8, in dem tausende Kriegsgefangene umkamen, gehörte mit zu den erschütternden Erlebnissen dieser Reise. Die von Bessarabern um 1860 gegründeten Dörfer konnten leider aus Zeitgründen nicht besucht werden. Dafür aber machte sie zwei Fahrten mit der Transsibirischen Eisenbahn südlich um den Baikalsee bis nach Ulan Ude, der Hauptstadt der Burjaten. Ulan Ude mit dem buddhistischen Kloster und dem sehr sehenswerten Tempel ist der schönste Teil der Transsibirischen Eisenbahn und war ein weiterer Höhepunkt der Reise.
Mit sehr vielen Hintergrundinformationen über das Land und die Geschichte Sibiriens wurde der Vortrag für alle Zuhörer zu einem spannenden Erlebnis. Da auch Chorleiter Dieter Schulz gekommen war und er gerne bereit war, uns beim Singen auf dem Klavier zu begleiten, sangen wir das Heimatlied und mehrere andere. Ein besonderes Hörerlebnis boten er und seine Frau uns zum Abschluss mit einem zweistimmigen Lied. Für den angekündigten Rückblick der 67 Gnadentaler Treffen konnte ich auf eine Ausarbeitung von Hilde Bareither aus dem Jahr 2015 zurückgreifen. „Das Gnadentaler Treffen im Wandel der Zeit“. Hilde Bareither ist überraschend im Januar 2019 gestorben und wir sind heute dankbar, dass sie sich die Mühe dieser Aufzeichnungen gemacht hat, aus denen ich nur einen Teil vorgetragen habe.
Das erste Gnadentaler Treffen wurde im Mitteilungsblatt unter der Überschrift: „Das Pfingsttreffen der Gemeinde Gnadental und Demir-Chadschi in Stuttgart“ veröffentlicht. Es fand 1956 in Stuttgart-Bad Cannstatt im Schlachthof statt und hatte einen großen Zulauf. Edwin Deiss aus unserem Vorstand war damals als 18-Jähriger dabei. „Da schaute ich nach den Mädels!“ erzählte er. Auch die anderen informierten sich. Es war der reinste Heiratsmarkt. Bessarabische Mädels waren begehrt. Heidelore Geissler geb. Benninger war 14 und mit Vetter und Bäsla auch dabei. Sie hatte sich schick gemacht und ihr bestes Kleid angezogen. Das war das Konfirmationskleid. Die beiden haben dieses Fest noch gut in Erinnerung und denken gern daran zurück.
1958 war ein Treffen mit 100 Personen im „Schwanen“ in Kornwestheim. Da fasste der Heimatausschuss den Entschluss zur Herausgabe des „Blauen Heimatbuches“, verfasst von Friedrich Rüb.
1965 im Juni wurde eine Straße in Kornwestheim nach unserem Herkunftsort: Gnadentaler Str. benannt.
1980 wurde die 150-jährige Gründung Gnadentals im Kurhaus in Kornwestheim gefeiert. Es kamen 247 Gäste.
1981 jährte sich die Erbauung der Gnadentaler Kirche zum 100sten mal. Dies wurde mit einem Jubiläumsgottesdienst in der kleinen Kirche von Hanweiler festlich begangen. Ehrengast war die damalige Sozialministerin Annemarie Griesinger aus Markgröningen (CDU). Gleichzeitig wurde das „Braune Heimatbuch“ herausgegeben. Der Verfasser ist ebenfalls Friedrich Rüb.
1982 übernahm Emil Krug den Vorsitz von seinem Vater Wilhelm Krug. Das Treffen fand in der „Kaiserhalle“ in Ludwigsburg bei der Friedenskirche statt.
1998 trafen sich die Gnadentaler im Gasthof „Bäuerle“ in Kornwestheim.
2003, nachdem die Teilnehmerzahlen immer weniger geworden waren, kamen wieder 80 Personen. Der Grund war die Ausgabe der Sippentafel 1830–2003, die für 50,00 € zu erwerben war. Die Gnadentaler mussten ihre aktuellen familiären Verhältnisse selbst mitteilen und auch ihr Einverständnis zur Veröffentlichung geben. Auch die Daten der weiblichen Nachkommen wurden gemeldet und so wimmelt es nun in der Sippentafel von Namen, die man vorher niemals mit Gnadental in Verbindung gebracht hätte. Unsere Vorfahren und wir hinterlassen Spuren für später Geborene, die sie aufgreifen können, wenn sie wollen.
2005 ist Emil Krug gestorben. Er hat sich viele Jahre unermüdlich den Gnadenta lern gewidmet. Sein Nachfolger wurde Diakon Horst Häcker, der 2010 unerwartet verstarb. Als Nachfolgerin wurde 2010 Christa Enchelmaier geb. Hasenfuss gewählt. 2011 fand das Treffen im Lokal „Fino“ in Kornwestheim statt, weil die Gaststätte „Bäuerle“ zum Hotel Garni umgewidmet wurde. Der Frauenanteil im Ausschuss wurde auf vier aufgestockt.
Seit 2018 treffen wir uns in der „Traube“ in Hanweiler. Zu diesem Zeitpunkt haben sich die Hoffnungstaler angeschlossen. Heute am 14. Oktober 2023 wurde das letzte von insgesamt 67 Treffen in Hanweiler gefeiert. Eine beachtliche Anzahl. Schon vor 1956 trafen sich die Gnadentaler Jahrgänge in Hanweiler oder Winnenden. Durch Zufall oder auch Vorsehung sind wir nun zum Ausgangspunkt zurückgekehrt. Mit 83 Jahren ist die Zeit zum Aufhören gekommen. Über viele Jahre waren wir ein Spitzen-Team, die Zusammenarbeit hervorragend und immer harmonisch. Ich danke Euch allen.
Heidelore Gaisser geb. Benninger, Ingrid Tögel geb. Hermann, Edwin Deiss, Walter Frick, Michael Skobowski (Rüb) und von den Hoffnungstalern Werner Hofer.