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Dobrudscha Seminar 2024 in Magdeburg

Heinz-Jürgen Oertel · 23. Mai 2024
Dr. Tobias Weger, Dr. Josef Sallanz, Titus Möllenbeck
Dr. Tobias Weger, Dr. Josef Sallanz, Titus Möllenbeck

Unsere Seminarreihe mit den verschiedensten Themen zur Geschichte der Dobrudschadeutschen wurde auch in diesem Jahr ein Erfolg. Nach dem letzten Seminar in Stuttgart, war wieder ein Ortswechsel Richtung Osten angesagt. Schließlich wollen wir damit allen Teilnehmern mal eine kürzere Anreise ermöglichen. Das Thema in diesem Jahr war: Lehrstück für Europa? Ethnien und (ihre) Religionen in der Dobrudscha.

Das Siedlungsgebiet unserer Vorfahren war nicht nur multiethnisch sondern auch multireligiös. Vertreter der drei monotheistischen Weltreligionen lebten dort. Christen, Muslime und Juden. Jede davon wiederum in verschiedenen Konfessionen aktiv.

Magdeburger Dom Innenhof, Kreuzgang

Magdeburger Dom Innenhof, Kreuzgang

Der offizielle Tagungstermin war von Freitagabend, dem 12. April, bis Sonntagnachmittag, dem 14. April. Auch schon bewährt hat sich jedoch die Anreise der Teilnehmer am Vortag, mit einem Kulturprogramm am Freitagvormittag.

In Magdeburg hatten wir eine kompetente Führung durch die Stadt. Magdeburg wurde zweimal in Folge von Kriegen total zerstört. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Magdeburg durch kaiserliche Truppen der Katholischen Liga unter dem Feldherrn Tilly am 20. Mai 1631 erobert und verwüstet. Es wurden 20.000 Bewohner „abgeschlachtet“. Der Luftangriff auf Magdeburg am 16. Januar 1945 durch die britische Royal Air Force zerstörte etwa 90 Prozent der Altstadt, darunter 15 Kirchen. Bis 1945 gab es auch eine große jüdische Gemeinde in Magdeburg. Wir besichtigten das Denkmal am Standort der Alten Synagoge und die Neue Synagoge die am 8. Dezember 2023 geweiht wurde. Es ist nach Dessau der zweite Neubau einer Synagoge in Sachsen-Anhalt.

Die 2023 eröffnete Neue Synagoge

Die 2023 eröffnete Neue Synagoge

Der Magdeburger Dom (offizieller Name Dom zu Magdeburg St. Mauritius und Katharina) ist Predigtkirche des Landesbischofs der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, evangelische Pfarrkirche und zugleich das Wahrzeichen der Stadt. Er war das Ziel der Stadtführung. Er wurde ab 1209 als Kathedrale des Erzbistums Magdeburg gebaut, im Jahr 1363 geweiht und 1520 fertiggestellt. Der Dom ist Grabkirche Ottos des Großen und seiner ersten Gemahlin Editha. Nach schweren Beschädigungen durch alliierte Luftangriffe auf Magdeburg 1944/1945 und Restaurierung nach dem Krieg konnte der Dom 1955 wieder eröffnet werden. Nach einem guten Mittagessen im „Domkönig“ gleich gegenüber des Doms, Genossen wir Freizeit bis zum Abendessen im „Roncalli Haus“.

Am Standort der Alten Synagoge

Am Standort der Alten Synagoge

Benannt ist das Bildungshaus nach Angelo Roncalli, dem bürgerlichen Namen des Papstes Johannes XXIII. Dieser weltoffene, dialogfreudige und humorvolle Mann hat in seinem Leben viele Türen aufgestoßen. Genauso möchte das Roncalli-Haus ein offener und gastfreundlicher Ort sein, wo sich unterschiedliche Menschen begegnen und voneinander lernen. Es liegt gut 10 Gehminuten von Bahnhof und Dom entfernt.

Pünktlich am Freitagnachmittag begann die Tagung, eröffnet vom Veranstalter Titus Möllenbeck. Eine kurze Vorstellungsrunde der Teilnehmer machte die Einführung komplett. Ausser den beiden Hauptreferenten Dr. Weger und Dr. Sallanz nahmen auch wieder Frau Dr. Heinke Fabritius, Kulturreferentin im Staatsministerin für Kultur und Medien (BKM) für Siebenbürgen, Bessarabien, Bukowina, Dobrudscha, Maramuresch, Moldau und Walachei, und unserere Bundesvorsitzenden Frau Brigitte Bornemann teil.

Fachlich begann das Seminar am Freitag Abend. In fünf Gruppen wurde versucht aus den Erinnerungen der Teilnehmer, aus Erzählungen der Erlebnisgeneration, zusammenzutragen, was Religion, das Thema des diesjährigen Seminars, heute für jeden bedeutet. Welchen Einfluss Eltern und Erziehung haben. Die Seminarteilnehmer waren in den Gruppen gemischt. Atheisten, Katholiken und Lutheraner. Durch die Moderatoren der Gruppen erfolgte anschließend eine Auswertung.

Ohne ins Detail einzugehen, folgt hier eine Liste der gebotenen Präsentationen:

Schaubild : Dr. Tobias Weger, Dr. Josef Sallanz, Titus Möllenbeck

Schaubild : Dr. Tobias Weger, Dr. Josef Sallanz, Titus Möllenbeck

Freitag:

• Ethnien und Religionen in der Dobrudscha im Überblick 
Referent: Dr. Josef Sallanz

• Aschkenasische und sephardische Juden in der Dobrudscha
Referent: Dr. Tobias Weger

Sonnabend:

• Richtungen des Christentums in der Dobrudscha, Teil 1: v.a. die Orthodoxe Nationalkirchen: Rumänien, Griechen, Bulgaren, Russen, Ukrainer (heute)
Referent: Dr. Tobias Weger

• Richtungen des Christentums in der Dobrudscha, Teil 2: Weitere Gruppen der Orthodoxie, z.B. altgläubige Lipowaner, Armenier und Roma - einst und jetzt
Referent: Dr. Josef Sallanz

• Richtungen des Christentums in der Dobrudscha, Teil 3: Protestantische Kirchen, u.a. Lutheraner, Methodisten, Baptisten, Adventisten – einst und jetzt
Referent: Dr. Tobias Weger

• Richtungen des Christentums in der Dobrudscha, Teil 4, Katholische Ethnien in der Dobrudscha - einst und jetzt
Referent: Dr. Josef Sallanz

Sonntag:

• Der Islam in der Dobrudscha - einst und heute
Referent: PD Dr. Tobias Weger

• Mitarbeit und Projekte im Bessarabiendeutschen Verein, u.a. zur Ukraine-Hilfe

• Das EU-Projekt „Offene Kirche Malkotsch“ und Projekte 2024

Das Thema katholische Kirche Malkotsch polarisierte stark. Gestartet als Projekt „offene Kirche Malkotsch“ im Verein, ist es nun ein rein rumänisches Projekt. Die Kirche ist inzwischen nationales Kulturgut Rumäniens. Die Kirche muss daher vor dem Verfall geschützt und erhalten werden. Die erheblichen Mittel, die dafür notwendig sind und vom Kreis Tulcea eingeplant werden, sorgten für Diskussionen über den Sinn. Einig waren sich jedoch alle, das wir uns für mehr Erinnerungskultur für das Erbe unserer Vorfahren einsetzten müssen.

Einstudieren einer Hora

Einstudieren einer Hora

Der Sonnabend endete mit einem schönen Abend. Mit weiteren Gesprächen, mit Singen und Tanzen. Unsere beliebte Anna Schaal begeisterte uns mit ihrer Textsicherheit und Gesangskunst. Einige versuchten sich, angeleitet durch Anna, am rumänischen Rundtanz, der Hora. Da wir ein Geburtstagskind unter uns hatten, hatte dieser Abend ein weiteres besonderes Gepräge.

An den Morgenden des Sonnabends und Sonntags begaben wir uns noch vor dem Frühstück in die Kapelle des Rocallihauses zu einem meditativen Impuls gegeben durch Titus Möllenbeck. Dazu wurden Lieder aus dem „Gotteslob“ gesungen.

Den Abschluss bildete sehr emotional der Gedichtvortrag von Susanne Knopp. Sie rezitierte ein Gedichte von Gertrud Knopp-Rüb, der ehemaligen Vorsitzenden der Landsmannschaft der Dobrudschadeutschen.

Die vorgestellten Dokumentationen, die Präsentationen, werden den Teilnehmern nach dem Seminar zur Verfügung gestellt. Ideen für ein weiteres Seminar für das Jahr 2025 sind bereits vorhanden.