Ausstellung „Fromme und tüchtige Leute ...“

Heinz-Jürgen Oertel
Seit langer Zeit wieder diese äußerst interessante und informative Ausstellung über die Geschichte der Bessarabiendeutschen Siedlungen, die Einwanderer und Kolonisten. Wer unserer Leser kennt die von Dr. Ute Schmidt und Prof. Ulrich Baehr konzipierte Ausstellung nicht? Nun zum zweiten Mal in Sachsen-Anhalt. Die über 30 großformatigen Tafeln waren bereits von fleißigen Händen installiert.
Zu Beginn der Veranstaltung begrüßte Pfarrer Werner Wiebe die Anwesenden zur Eröffnungsausstellung. Er ging auf die Geschichte ein und danach speziell auf die neuere Geschichte nach 1945, in der es viele Bessaraber nach Möckern und Umgebung verschlagen hat und wie diese bis heute das Leben in der Gegend mitgestaltet haben.
Als nächstes kam Heinz-Jürgen Oertel als Vertreter des Bessarabiendeutschen Vereins e.V. zu Wort. Als Nachkomme einer Dobrudschadeutschen ging er auch auf die sehr enge Verwandtschaft zwischen beiden Volksgruppen ein und deren spätestens ab 1940 gemeinsamen Weg über die Lagerzeit, die Ansiedlung größtenteils in Polen, Flucht und Neubeginn in verschiedenen Teilen des Nachkriegsdeutschland. Dazu berichtete er auch über das glückliche gemeinsame Treffen der Dobrudschaner und Bessaraber in Sachsen-Anhalt, welches erst zwei Tage vorher stattgefunden hatte.
Die Grußworte der Bundesvorsitzenden Brigitte Bornemann und des Bundesgeschäftsführes Dr. Hartmut Knopp, richteten sich an die Besucher mit dem Wunsch, den Zusammenhalt zu wahren. Dazu dient auch das Heimatmuseum der Bessarabien- und Dobrudschadeutschen in Stuttgart. Es befindet sich gerade im Umbau, wird umfassend neu gestaltet und modernisiert. Der Vereinsvorstand weist auf die Neueröffnung im nächsten Frühjahr hin und hofft auf viele Besucher. Die ursprünglich für das Grußwort erwartete Erika Wiener konnte leider nicht erscheinen. Sie ist durch zahlreiche Veranstaltungen vielen hier bekannt. In ihrem Namen wurde daran erinnert. Viele Jahre gab es Kulmer Treffen mit Gerhard Bohnet aus Magdeburg. In Brietzke, acht Kilometer entfernt, hat Prediger Herbert Keller während des DDR-Regimes Rüstzeiten und Gottesdienste gehalten. Ab 2001 bis 2015 fand alle zwei Jahre das norddeutsche Landestreffen in Möckern statt, das Erika Wiener von Hannover aus organisiert hatte. Unter anderem war auch Ute Schmidt mehrere Male als Referentin in Möckern. Zu den Treffen in der Stadthalle in Möckern kamen bis zu 400 Personen. Als Ehrengäste haben dabei der Bürgermeister, der Landrat und der Pastor von Möckern teilgenommen.
Ein Glanzpunkt war das Treffen 2003, in dem es um das Ankommen nach dem Krieg ging. Mit einem Laienspielauftakt von Wilma und Werner Gaier. Sie kamen als Bessaraber kostümiert mit einem Handwagen voller Habseligkeiten in die Halle gefahren. Das Bild wurde zum Titelbild des Jahrbuches der Bessarabiendeutschen im Jahr darauf. Ein weiterer Höhepunkt war der Vortrag von Charlotte Fangmaier mit dem Titel „Unsere Frauen, wie haben sie es nur geschafft“.
Die Einführung in die Wanderausstellung nahm PD Dr. Ute Schmidt, von der Freien Universität Berlin, vor. In ihrem einstündigen Vortrag ging sie auf die verschiedensten Aspekte ein. Von der Auswanderung aus Deutschland, die schweren ersten Jahre in Bessarabien, das kirchliche, schulische und wirtschaftliche Leben in Bessarabien, bis zur Umsiedlung und der Zeit danach. Frau Dr. Ute Schmidt ist uns als Autorin des Buches „Bessarabien: Deutsche Siedlungen am Schwarzen Meer" bekannt, welches demnächst in dritter Auflage erscheint und auf die neuesten Ereignisse durch den Angriffskrieg Russlands eingeht.
Die Ausdauer beim Zuhören wurde anschließend durch einen kleinen Imbiss mit Sekt und Kuchen und lockeren Gesprächen belohnt.
In der Kirche wurde inzwischen auch eine kleine Ausstellung bessarabischer Erinnerungsstücke aufgebaut. Dabei wieder sehr aktiv die Familie Gaier. Es handelte sich um Kleidungsstücke, Tücher, Stickereien und Dokumente.
Die Ausstellung wird unterstützt von dem Bessarabiendeutschen Verein e.V., vom Deutschen Kulturforum östliches Europa, der Freien Universität Berlin und dem Land Sachsen-Anhalt.
Sie ist noch bis zum 27. November in der Stadtkirche zu den Öffnungszeiten zu sehen. Die Veranstalter bitten sich trotzdem vorher telefonisch unter 039221 401 zu versichern, ob ein Besuch möglich ist.