Er ist der erste nicht mehr in Bessarabien Geborene, der Verantwortung in unseren Organisationen übernahm und so einen Generationswechsel einleitete. Er hat wichtige Entwicklungen angestoßen, begleitet und durchgezogen, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Wir haben ihm sehr viel zu verdanken.
Geboren am Altjahrsabend des Kriegsjahres 1941, stammt er aus einer bekannten Tuchmacherfamilie in Tatarbunar und ist familiär mit Schabo verbunden. Als Kleinkind hat er die Flucht aus dem Osten erlebt und wurde danach in Baden-Württemberg ansässig. Er konnte seine Schulausbildung regulär abschließen, studierte danach Physik in München und trat einer dortigen Studentenverbindung bei, war also äußerlich voll integriert. Er trat sein Berufsleben in der Stuttgarter Niederlassung der großen Firma SEL an und stieg dort bis in den leitenden Bereich auf.
Aber Bessarabien war und blieb präsent in seinem Leben. Als Christian Fieß im Stuttgarter Raum bessarabiendeutsche Jugendliche in einer Jugendgruppe versammelte, war er mit dabei, hat dadurch früh nähere Kenntnis der bessarabischen Geschichte und Eigenart gewonnen und wurde so für sein Leben geprägt. Insbesondere interessierte er sich für das von Fieß wieder ins Leben gerufene bessarabiendeutsche Heimatmuseum, das mehr und mehr zu seinem Lebensthema wurde. Christian Fieß hatte sich bemüht, durch Umsiedlung und Flucht hindurchgerettete museumswürdige Gegenstände der Bessarabiendeutschen aller Art von den Landsleuten zu erwerben und hatte dadurch eine beachtliche Sammlung zusammengeholt. Isert arbeitete zunächst stundenweise mit, wurde dabei aber immer wichtiger, übernahm 1992 den Mit-Vorsitz, um ab 1995 alleiniger Vorsitzender des Heimatmuseums zu werden. Hier konnte er seine Erfahrung mit naturwissenschaftlicher Exaktheit einbringen und entwickelte die Sammlung zu einem auch in der Fachwelt anerkannten Museum weiter, wofür er sich intensiv in die Museumswissenschaft einarbeitete.
Als 2006 die Wahl zum Bundesvorsitzenden des neu entstandenen Bessarabiendeutschen Vereins anstand, erklärte sich Isert bereit, dafür zu kandidieren und wurde mit überwältigender Mehrheit gewählt. Auch hier bewährte sich sein Gespür für notwendige Entwicklungen und sein Organisationstalent. Die drei Organisationen – Hilfskomitee, Landsmannschaft und Heimatmuseum – zu einer einzigen zu vereinigen und so die Möglichkeiten des entstehenden Bessarabiendeutschen Vereins zu verbessern, war ihm schon vorher ein besonderes Anliegen, das er intensiv begleitete und voranbrachte. Die weitere Entwicklung gab ihm Recht. 2009 kam die Fusion mit den Dobrudschadeutschen zu Stande. Seine im Laufe der Jahre gewachsenen Verbindungen zu den Verantwortlichen der Stadt Stuttgart wirkten sich positiv auf die Finanzierung einer Generalsanierung des Heimathauses aus. Das gilt auch für die Benennung des Platzes vor dem Heimathaus zum „Bessarabienplatz“ 2010. Unser Bessarabiendeutscher Verein ist dadurch für die Öffentlichkeit sichtbarer geworden, auch durch Besuche des bessarabiendeutschen Bundespräsidenten Horst Köhler und des Moldawischen Präsidenten Woronin 2006 und die Beteiligung von Bundespräsident Köhler und Landesbischof July am Bundestreffen 2008. Seine Verbindungen zur Museumswelt führten dazu, dass ein bessarabischer Schulzenornat bei mehreren großen Ausstellungen gezeigt wurde. Ingo Isert hat viel für die Bekanntheit unserer Arbeit getan.
Sein Wirken wurde auch in der breiteren Öffentlichkeit anerkannt, als ihm 2008 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen wurde. Nach einer wirklich erfolgreichen Tätigkeit trat er 2011 vom Amt des Bundesvorsitzenden zurück, um seiner Frau Erika, die ihm viele Jahre den Rücken freigehalten und ihn unterstützt hat, und seiner Familie mehr Zeit widmen zu können. Schrittweise reduzierte er seine Arbeitszeit im Heimatmuseum, die lange Zeit einer Vollbeschäftigung gleichgekommen war. Er konnte die Freude erleben, dass mehrere engagierte Mitarbeiterinnen in die Museumsarbeit einstiegen und sie weiterführen. Er hat sein Haus wohl bestellt. Als Experte ist er nach wie vor präsent.
Zu seinem 80. Geburtstag, den er coronabedingt nur in sehr kleinem Rahmen feiern konnte, gebühren ihm viele dankbare Gedanken. Eine größere Feier ist für den Sommer geplant. Ich bin ihm dankbar für seine treue Freundschaft und bin stolz auf seine Leistung für uns alle. Ingo Isert hat sich große Verdienste um unseren Zusammenhalt erworben.