Spenden
| Datum | Spender | Betrag |
|---|---|---|
| 13. Dezember 2023 | Olaf Schulze | 2.000,00 € |
Beschreibung
Unser Heimatmuseum konnte im Frühjahr 2023 eine kleine Serie von Winterhilfswerksabzeichen auf der Internetplattform „ebay“ erwerben, die ein besonderes Zeitdokument für die Ansiedlung der Bessarabien- und Dobrudschadeutschen im eroberten Polen ab 1941 darstellt. Daher wird sie auch in der letzten Großvitrine in Raum 3 „Ansiedlung in Polen und Flucht 1945“ präsentiert.
Die acht Winterhilfswerksabzeichen sind aus einem hellen Kunstharz gegossen, vier haben ein Hoch-, vier ein Querformat. Die etwa 4 Zentimeter hohen bzw. breiten Abzeichen sind alle wie ein Bild mit Rahmen gestaltet, der Hintergrund ist durchbrochen, offen. Die hochformatigen Abzeichen zeigen beispielhaft Vertreter der jeweiligen deutschen Volksgruppen, die zum Teil bereits ab dem Jahreswechsel 1939/1940 in den von der Wehrmacht eroberten polnischen Gebieten angesiedelt wurden. Dies sind ein Mann aus Galizien, ein Mann mit Pferd aus Wolhynien, ein Ehepaar aus dem Baltenland und ein Bessarabiendeutscher mit „Pudelkapp“ und Treckwagen, alle in Winterkleidung. Die querformatigen Motive zeigen einen Treckwagen mit Pferdegespann (Aufschrift: „Der große Treck“), ein dick vermummtes Ehepaar auf einer Truhe auf einem offenen Wagen sitzend, der Mann hat die Zügel in den behandschuhten Händen („30 Tage Marsch!“), eine Mutter mit drei Kindern zu Fuß unterwegs, das jüngste Kind auf dem Arm, samt Handgepäck („Bei 30° Kälte!“) und schließlich einen Bauern in Sommerkleidung, auf eine Sense gestützt, im Hintergrund Felder und eine Windmühle („Am Ziel.“)
Das „Wartheland“, genauer der „Reichsgau Wartheland“, war neben „Danzig-Westpreußen“ und dem sogenannten „Generalgouvernement“ mit Warschau und Krakau eine vom nationalsozialistischen Deutschen Reich geschaffene Verwaltungseinheit mit dem Hauptort Posen, die von Ende Oktober 1939 bis zum Frühjahr 1945 bestand. Von den 93.000 Tausend umgesiedelten Bessarabiendeutschen wurden etwa gleich viele im „Reichsgau Danzig-Westpreussen“ (42.901) und im „Reichsgau Wartheland“ (41.603) angesiedelt. Im „Generalgouvernement waren es hingegen nur 3890 Bessarabiendeutsche – darunter auch die Eltern unseres früheren Bundespräsidenten Horst Köhler.
Für viele Bessarabiendeutsche sollte der „Warthegau“, wie man ihn auch verkürzend nannte, zur neuen Heimat werden. Die ersten, die umgesiedelt wurden, waren die Galiziendeutschen, die aus Südost-Polen, das nun nach Kriegsbeginn unter sowjetrussischer Herrschaft gefallen war, mit dem Pferdewagentreck selbständig im Winter 1939/1940 nach Westen aufbrachen. „Der große Treck“ wurde propagandistisch ausgeschlachtet, in Wochenschauberichten, Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, Büchern und bei Vorträgen im eroberten Polen und im gesamten Reichsgebiet.
Die ausgestellten „Winterhilfswerksabzeichen“ gehören zu dieser „Propagandaschlacht“, die die „Reichsdeutschen“ aufmerksam machen sollte auf die sogenannten „Beutedeutschen“. Etwa 8000 verschiedene „Winterhilfswerksabzeichen“-Typen waren seit Oktober 1933 an mehreren Produktionsorten in Deutschland entstanden, die letzten verließen im März 1943 die Fabriken. Viele Millionen Exemplare wurden unter die Leute gebracht – dabei kamen enorme Summen zusammen. Durch die während der Wintermonate flächendeckend durchgeführten Haus- und Straßensammlungen und durch seinen Abzeichenverkauf wurde das Winterhilfswerk zu einem der bekanntesten Alltagsphänomene der NS-Zeit. Auch die erstmals zum 1. Oktober 1933 eingeführten, winterhalbjährlichen „Eintopfsonntage“ gehören in diesen Zusammenhang. Über 31 Millionen Reichsmark kamen allein im Winter 1935/36 zusammen, in der Reichshauptstadt Berlin sammelten rund 75.000 Helfer mit ihren roten Sammelbüchsen, darunter auch mediengerecht Prominente wie Schauspieler oder Nazigrößen, allein im Oktober 1935 375.000 Reichsmark.
Die Einnahmen des „Winterhilfswerks“ schufen ab 1936/37 die finanzielle Grundlage für die „NS-Volkswohlfahrt“. Das Spendenaufkommen übertraf ab dem Rechnungsjahr 1939/40 die Summe, die aus Steuermitteln für öffentliche Fürsorgeverbände aufgebracht wurde, der Staatshaushalt wurde von Sozialabgaben entlastet. Jeden Winter waren 1,2 Millionen ständige Helfer im Reichsgebiet unterwegs, nachdem Hitler die jährlich über den Rundfunk übertragene Eröffnungs-Rede gehalten hatte. Während der ersten Kriegsjahre wurden die Sammlungen uneingeschränkt fortgesetzt, auch wenn die Opferbereitschaft nachließ, je länger der Krieg dauerte. In jeder Kampagne gab es fast jedes Wochenende neue Motive: Märchenfiguren, deutsche Trachten, germanische Schild, Vögel, Kriegsmarine, Weihnachtsbaumschmuck, den Themen waren keine Grenzen gesetzt. Oft waren die Abzeichen als Anstecknadeln gestaltet. Wer eines der aktuellen Abzeichen am Revers oder Kragen trug, war vor weiteren Anfragen für eine Weile geschützt.
Unsere ausgestellte Serie entstand vermutlich 1941. Sie berührt auch deshalb eigentümlich, weil sich „Der große Treck“, „30 Tage Marsch“, „Bei 30° Kälte“ ab Januar 1945 auf schlimme Weise wiederholen sollten – die Serie ist in diesem Sinne (unbeabsichtigt) „prophetisch“. Unser Museumskurator Olaf Schulze, der die Serie entdeckte und erwarb, hat auch die Museumspatenschaft für die Winterhilfswerksabzeichen übernommen. Haben doch zu früheren Zeiten (u.a. im 19. Jahrhundert) im Bereich Posen/Konin Teile seiner deutschen und polnischen Vorfahren mütterlicherseits gelebt.
Geschichte
Ich habe polnische Vorfahren in der Region Posen, so sind diese Abzeichen etwas in unserem Museum, mit dem auch ich als nicht Bessarabiendeutscher mich identifizieren kann.