Spenden
| Datum | Spender | Betrag |
|---|---|---|
| 12. Dezember 2023 | Theda Baumann | 5.000,00 € |
Beschreibung
Im dritten Raum unseres neugestalteten Heimatmuseums befinden sich in einer großen Standvitrine aus Glas drei „kopflose“ Anziehpuppen. Sie tragen historische Kleidungsstücke, sozusagen „Dienstkleidung“, denn alle drei gehören jenen Berufsgruppen an, die an ihrer Kleidung erkennbar waren und auch sein sollten: Der Dorfschulz, die Diakonisse und eben der Pastor mit seinem Talar.
Auf der beigeordneten Tafel „Pastor“ steht Folgendes zur Erklärung: „Die zentrale Bedeutung der Religion im Gemeinschaftsleben der Deutschen in Bessarabien schlug sich auch in der uneingeschränkten Autorität der Geistlichen nieder. Die Pastoren waren die unbestrittenen geistigen, oft auch die politischen Führungspersönlichkeiten und Hauptvertreter der damals noch schmalen Intelligenz-Schicht, so fasste es die Historikerin Ute Schmidt in ihrem Standardwerk über die Bessarabiendeutschen zusammen.
Die Pastoren der ersten Siedlungsjahre kamen aus dem Baltikum, aus Sachsen, Hannover, Württemberg und der Schweiz. Ab 1832 überließen die Gemeinden ihr Pastorenwahlrecht dem für die Kirchenaufsicht zuständigen Gremium in St. Petersburg. Die Prediger stammten nun aus der Reihe der ‚Kronsstipendiaten‘ an der Universität von Dorpat. Nach 1850 wuchsen bessarabiendeutsche Pastorenfamilien heran, die fast alle in Dorpat studierten. Die Pastoren wurden zunächst vom Fürsorgekomitee und später von den Gemeinden finanziert. Sie bekamen ‚Pastorenland‘, das sie verpachten oder selber nutzen konnten. Die Pastoren waren jeweils für ein großes Kirchspiel eingesetzt, so dass jede Gemeinde im Wechsel Gottesdienste und Kasualien mit ihrem Pastor hatte und durch einen ‚Küsterlehrer‘ als Hilfspastor betreut wurden.
1940 gab es in Bessarabien 13 Kirchspiele und 3 selbständige Pfarrgemeinden. 1918 wurde eine eigenständige Evangelisch-Lutherische Landeskirche in Bessarabien gebildet, die sich 1920 ihrer Schwesterkirche in Siebenbürgen anschloss. 1926 wurde die bessarabische Landeskirche zum ‚Evangelisch-Lutherischen Kirchenbezirk Tarutino‘ in der ‚Evangelischen Landeskirche in Rumänien (Augsburger Bekenntnis)‘ umgewandelt.
Die jungen bessarabiendeutschen Theologen studierten nun meist in Tübingen, Leipzig, Marburg oder Wien. Als geistliches Oberhaupt im Rang eines Bischofs wirkte von 1920 bis 1937 Oberpastor Daniel Haase (1877-1939), der auch politische Funktionen übernahm. 1939 löste ihn Immanuel Baumann (1900-1974) ab, der sein Amt auch während der Lager- und Ansiedlungszeit, sowie erneut nach dem Zweiten Weltkrieg u.a. als ‚Landesflüchtlingspfarrer‘ ausübte. Wenn auch nach seinem Ausscheiden das Oberpastorenamt nicht mehr vergeben wurde, übernahm sein Sohn Arnulf Baumann (1932-2022), dessen Talar hier ausgestellt ist, vergleichbare Funktionen in Hilfswerk, Landsmannschaft, Verein und Historischer Kommission.“ (Ende des Tafeltextes).
Nach dem Tod ihres geliebten Mannes Arnulf Baumann, Lebensgefährte über viele Jahrzehnte, übergab dessen Witwe Theda Baumann den Talar und weitere Gegenstände an die Bundesvorsitzende Brigitte Bornemann bei einem persönlichen Treffen. So gelangten der Talar, der aus den frühen 1960er Jahren stammt, samt anzuknöpfendem Beffchen und das dazugehörige Barett („Wo der Knopf vorne am Barett ist, dort sitzt die Weisheit“, sagte die jungen Theologiestudenten des Klosters Loccum, wo Arnulf Baumann studiert hat, damals selbstironisch, der Knopf ist jedenfalls etwas besonderes, nicht alle Baretts haben einen Knopf an der Stirn), eine „Jerusalem“-Stola, die Arnulf Baumann bei einer seiner Israelreisen erworben hatte, sowie die Bessarabische Gottesdienstordnung von 1932, deren Titelblatt zwar gedruckt war, aber deren Seiten einfach aus Schreibmaschinendurchschlägen bestehen und die sowohl von Arnulf Baumann als auch schon von seinem Vater Immanuel Baumann benutzt wurde, in unser Heimatmuseum der Bessarabien- und Dobrudschadeutschen.
Wir sind der Stifterin sehr dankbar für die Übergabe dieser Gegenstände, die für sie natürlich einen großen emotionalen Wert besitzen. Es ist auch ein bescheidenes Dankeschön des Vereins (als Rechtsnachfolger der Landsmannschaft) für all die pastoralen, theoretischen oder ganz praktischen Dienste, die Arnulf Baumann an den Bessarabiendeutschen im Laufe langer, langer Jahre geleistet hat.