Die Umgestaltung der Dauerausstellung geht in die entscheidende Phase

Olaf Schulze
Große Ereignisse werfen bekanntlich ihre
Schatten voraus. Im Herbst 2023 soll die
Neugestaltung des Heimatmuseums der
Deutschen aus Bessarabien und der Dobrudscha abgeschlossen sein. Bis dahin ist
noch viel zu tun. Zum Oktober 2022 wird
das Museum für voraussichtlich drei Monate für den Besucherverkehr geschlossen. Bis
Jahresende finden größere Bauarbeiten statt
wie der Teilabriss einer nichttragenden
Wand im ersten Raum, das Verlegen eines
Parkettbodens im letzten Raum, die Erneuerung der Beleuchtungsanlage.
Zum Jahreswechsel 2018/2019 hatte es bereits erste Entwürfe zur Umgestaltung der
Dauerausstellung gegeben, die in Zusammenarbeit mit dem Museumsplaner Frank
Lang entwickelt wurden. Im Oktober 2021
übernahm der Historiker und Museumskurator Olaf Schulze in Absprache mit dem
Vereinsvorstand und unter Beratung der
Historischen Kommission die Planungen,
die nun in die Realisierungsphase eintreten.
Während in den ersten beiden Räumen und
im Flur die Präsentation seit Mitte der
1990er Jahre im Wesentlichen unverändert
blieb, stammte der dritte Raum in Gestaltung und Beleuchtung noch aus den 1970er
Jahren. Dies und der nicht mehr gute Zustand des Teppichbodens in diesem Bereich
gab letztlich den Anlass, die Umgestaltung
in die Hand zu nehmen.
Leitlinie für die Umgestaltung ist das veränderte Museumspublikum. Es gibt immer weniger Menschen aus der Erlebnisgeneration,
Zeitzeugen des Lebens in Besserabien, der
Umsiedlung 1940 und der sich unmittelbar
anschließenden Etappen in der Geschichte
der Bessarabiendeutschen. Wenn diese in den
früheren Jahrzehnten das Museum besuchten,
erkannten sie viele der ausgestellten Gegenstände aus eigener Erinnerung. So wird es
immer wichtiger, für heutige Generationen
die Objekte „zum Sprechen zu bringen“, was
Aus dem Heimatmuseum
Die Umgestaltung der Dauerausstellung
geht in die entscheidende Phase
in Führungen geleistet wird. Ziel ist es, dass
auch Einzelbesucher und Kleingruppen wie
Familien auch ohne Führung ein Museumserlebnis haben und vertiefte Informationen
mitnehmen können. Hierzu wird es durchgängig Text- und Bildtafeln zu Kernaspekten
der Geschichte der Bessarabiendeutschen geben. Einzelne Leitobjekte, die in der Präsentation besonders hervorgehoben werden,
werden mit QR-Codes versehen, über die
Filme, Interviews, zum Objekt oder einer Objektgruppe abgerufen werden können. In
Raum 2 und Raum 3 wird es jeweils eine Datenstation gegeben, in denen die Besucher
nach ihren Interessen einzelne Themen (zum
Beispiel Ortsansichten und -pläne der Heimatorte ihrer Vorfahren, Ansichten der Kirchen und Schulen dort) vertiefen bzw. im gewissem Rahmen auch recherchieren können.
Der Rundgang durch die einzelnen Museumsräume wird deutlicher chronologisch
aufgebaut sein, als bislang. Die größte optische Veränderung wird es im Raum 1 geben.
Die Wand zwischen Raum 1 und dem bislang schlauchartigen Flur wird größtenteils
entfernt, so dass ein offener Raum entsteht,
der die Besucher ins Museum „hineinziehen“ wird. Dort gibt es einen Großbildschirm, auf dem kurze Filme zur Geschichte
der Bessarabiendeutschen zu sehen sein
werden; für Museumsklappstühle ist gesorgt. Einzelne Objekte reichen bis in die
Auswanderungszeit vor 200 Jahren zurück;
die Lage Bessarabiens, die Landschaft, die
Tierwelt, die dunkle und fruchtbare „bessarabische Erde“, die ersten Jahre voller Not
der Kolonisten werden hier thematisiert.
Um die Kosten in überschaubarem Rahmen
zu halten, werden fast alle Vitrinen weiterbenutzt, ihre Innenbeleuchtung wird jedoch
energiesparend ersetzt. Im großen Raum 2
wird der Alltag der Bessarabiendeutschen in
ihren Siedlungen in den Blick genommen,
das zumeist bäuerliche Leben, die Struktur
der Kolonien, die Arbeit in der Steppe und
in der „Wirtschaft“, die Begegnungen mit
anderen Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel auf den Märkten. Viele Alltagsgegenstände werden weiter zu sehen sein. Bereiche, die bislang im dritten Raum zu finden
waren, wie Textilien, Kirchenmodelle und
religiöse Gegenstände, werden zukünftig in
Raum 2 gezeigt, der sich dadurch in der Präsentation etwas verdichtet. Der Teplitzer
Wagen bleibt weiter ein Zentralstück im
zweiten Raum. Der Wagen, wie auch ein neu
zu sehendes Kissen in Seidenkokonstickerei,
ist nicht nur ein Leitobjekt, sondern auch
mit einer Patenschaft versehen (vgl. Mitteilungsblatt 10/2021 und 11/2021). Wir sind
dankbar für die bislang zugesagten und
überwiesenen Patenschaften und freuen uns
auf weitere Patenschaften und damit Spenden für den Umbau.
Im dritten Raum wird es inhaltlich die meisten Veränderungen geben. Ein Bereich wird
den Dobrudschadeutschen vorbehalten sein,
die ursprünglich zumeist aus Bessarabien
kamen. Ein weiterer Abschnitt ist dem
Schulwesen Bessarabiens, der Wernerschule
in Sarata und den Gymnasien in Tarutino,
gewidmet. Neu hinzu kommt ein Bereich
über die Erneuerungsbewegung der 1930er
Jahre und ihre Auswirkung auf das Zusammenleben auch mit anderen Ethnien in Bessarabien. Die Themen Umsiedlung 1940,
Ansiedlung in den besetzten Ostgebieten,
Flucht 1945 und Neuanfang in der Nachkriegszeit, die bislang gleich nach dem
Museumseingang im Flur zu sehen waren,
rücken ebenfalls in den dritten Raum.
Bis in einem Jahr wird es noch viel zu tun
geben, wir sind auf einem guten Weg ... und
gespannt auf das Endergebnis.