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Aus dem Museum: Der Trokar

Eva Höllwarth · 20. September 2022
Nur Wenige wissen noch, was es mit einem Trokar auf sich ha
Nur Wenige wissen noch, was es mit einem Trokar auf sich ha

Im Bessarabischen Heimatmuseum in Stuttgart sind in den Glasvitrinen manche Gegenstände, von deren Namen, noch welcher Benutzung sie dienen, ich noch nie gehört habe. Hier zum Beispiel der Trokar. Doch auch nur wenige Personen, die ich um Auskunft befragt hatte, wussten Bescheid.

„Der Trokar ist ein aus einer zweiteiligen Hohlnadel bestehendes Gerät zur Beseitigung von Blähungen bei Kühen. Dazu wurde es den Tieren in den Pansen gestochen. Spende von Richard Keller aus Halle“. Diese kurze Information steht auf einem Schildchen neben dem Gerät.

Auf der Schachtel, in dem das Instrument aufbewahrt wurde, ist vom Spender vermerkt: Trokar – Hohlnadel zum Ablassen von Luft bei Kühen. Neuerwerb aus dem Jahre 1930. Gestiftet dem Heimatmuseum am 18.12.1977 von Richard Keller, - früher Halle/ Alisowka.

Im Großes-Duden-Lexikon 1968 fand ich dann schon nähere Angaben: Trokar (franz.Troicart): Dolchartige starke Nadel mit Griff und dreikantiger Spitze in einem Metallröhrchen; Chirurgisches Instrument zur Punktion und zum Ablassen von Gasen und Flüssigkeiten; Nach Einstich des Trokars wird die Nadel zurückgezogen, während das Röhrchen die Einstichwunde für den Abfluß der Flüssigkeit usw. offen hält.

Auf Wikipedia fand ich dann weitere umfangreiche Informationen. In der Veterinärmedizin verwendet man Trokare auch zum Ablassen von Gasansammlungen (Flatulenz) im Pansen. Der Pansen (lat. pantex, über frz. panse „Wanst“) ist ein Hohlorgan bei Wiederkäuern (und der größte der drei Vormägen). Der Pansen hat beim erwachsenen Hausrind ein Fassungsvermögen von bis zu 100 Litern, beim Hausschaf von etwa 10 Litern und nimmt damit etwa 75 bis 80 Prozent des gesamten Magenvolumens ein.

Aufgrund einer Fütterung mit stärkeoder eiweißreichem Futter kann es zu schaumiger Gasblasenbildung im Pansen kommen. Es entsteht eine Pansentympanie (Aufblähung), da die Gase nicht mehr über den Ruktus abgegeben werden können. Als Ruktus bezeichnet man die Abgabe der bei der mikrobiellen Verdauung im Pansen entstehenden Gärungsgase bei Wiederkäuern. Zum Beispiel sollen Schafe nicht schlagartig viel Klee fressen. Man kann sie aber langsam daran gewöhnen. Dann muss die Gasansammlung entweder durch schaumbrechende Medikamente und einen in den Pansen eingeführten Schlauch oder in Notfällen durch einen Pansenstich mit einem Trokar beseitigt werden.

Als Pansenstich wird eine Maßnahme zur Behandlung einer Pansenaufgasung (Pansentympanie) bei Rindern und Schafen bezeichnet, die in der Regel durch einen Tierarzt durchgeführt wird. Aufgrund der Gefahren, wie Wundinfektionen, sollte sie nur im Notfall angewendet werden.

Fachsprachlich wird auch das Aufstoßen von Magengasen (Rülpsen) beim Menschen als Ruktus bezeichnet.

Trokar in unserem Heimatmuseum

Trokar in unserem Heimatmuseum

Ob es allerdings in Bessarabien so viele Tierärzte gab und die Bauern sich diesen auch immer leisten konnten, bezweifle ich. Daher war es für sie sehr wichtig, die notwendigen Instrumente zur Verfügung zu haben, vor allen Dingen aber die Handhabung zu beherrschen. Der vorliegende Trokar scheint aus chirurgischem Stahl zu bestehen. Dieses Instrument war für den ehemaligen Besitzer so wichtig, dass er es auf die Umsiedlung und die Flucht mitgenommen hatte.

Dass es aber über dieses kleine Instrument in der Glasvitrine so umfangreiche Informationen gibt, hat mich doch sehr erstaunt.