Bedeutung des Namens
Tarutino wurde nach dem Sieg der Russen über Napoleon am 18. Oktober 1812 in der Nähe des Dorfes Tarutino im Gouvernement Kaluga benannt. Der Name erinnert an die entscheidende Schlacht bei Tarutino, die den Verlauf des Napoleonischen Krieges beeinflusste.
(Tarutyne (ukrainisch Тарутине; russisch Тарутино/Tarutino, deutsch Tarutino, rumänisch Tarutina, griechisch Thyratyna)
Landmenge (Hektar) – bei Gründung/bei Umsiedlung
Beginn: 8182 Hektar (laut KERN, A. 1976, S.13)
Vor Umsiedlung 1940: 8402 Hektar (laut KERN, A. 1976, S.415ff.)
Lokalisierung
Damals: Westlich von Akkerman, im südlichen Bessarabien (heutiges Moldawien/Ukraine).
Heute: Der Ort Tarutino liegt im Süden der Ukraine, im Gebiet Odessa. Er heißt Tarutyne/Тарутине. Es ist eine Siedlung städtischen Typs. Die Siedlung ist etwa 118 Kilometer westlich von Odessa gelegen und Zentrum des gleichnamigen Rajons Tarutyne. Seit 1957 ist sie eine Siedlung städtischen Typs.
Karte
Gründerfamilien
Die ersten Siedler kamen aus verschiedenen deutschen Regionen: Preußen, Polen, Mecklenburg, Württemberg, Frankreich, Böhmen, Sachsen und Ungarn.
Die ursprüngliche Ansiedlung wurde von 136 Familien gegründet.
Einwohner
1930: 3.482 Deutsche, 2.313 Andere
1940: 3.746 Deutsche, 2.151 Andere (laut Website)
Anzahl der Familien Umsiedlung
136 Familien (laut KERN, A. 1976, S.13)
Besonderheiten der Kolonie
Neben Sarata und Arzis eines der drei wichtigen Zentren für die Deutschen in Bessarabien.
Wasserquelle: Eine kristallklare Quelle, die für die Siedler von zentraler Bedeutung war und als Symbol der Kolonie galt (KERN, A. 1976, S.415ff.).
Wirtschaft: Die Kolonie war bekannt für ihre landwirtschaftliche Produktion, insbesondere Obst- und Weinbau, und spielte eine zentrale Rolle im regionalen Marktgeschehen.
Kirchliche Bedeutung: Tarutino war eines der religiösen und kulturellen Zentren der deutschen Kolonien. Die Kirchengemeinde war von Beginn an ein zentraler Bestandteil der Kolonie und Tarutino wurde zu einem wichtigen Zentrum der evangelischen Kirche und Bildung (KERN, A. 1976, S.415ff.).
Bildungseinrichtungen: Es gab mehrere Schulen, einschließlich eines Gymnasiums und einer höheren Töchterschule (KERN, A. 1976, S.415ff.).
Markt: Tarutino entwickelte sich durch den Wochenmarkt zu einem wirtschaftlichen Zentrum, wo landwirtschaftliche Produkte wie Getreide, Wein und Obst gehandelt wurden (KERN, A. 1976, S.41ff.).
Dominante Sprache und Mundart
Der plattdeutsche Dialekt war dominant, welcher sich aus verschiedenen deutschen Einwanderungsgruppen entwickelte. Es gab einen Wechsel vom ursprünglichen Plattdeutsch hin zu einem Schriftdeutsch.
Glaubensrichtung
Evangelisch-lutherisch: Die Kolonie gehörte zur evangelischen Kirche, wobei sich die Gemeinde in den Anfangsjahren noch aus Katholiken und Evangelischen zusammensetzte (KERN, A. 1976, S.415ff.).
Hauptbeschäftigung
Landwirtschaft: Die Hauptbeschäftigung war die Landwirtschaft, insbesondere der Anbau von Getreide, Obst und Wein. Viehzucht und Molkereiwirtschaft gewannen später an Bedeutung (KERN, A. 1976, S.415ff.).
Historie
Die Siedlung gehörte bis 1918 zum Russischen Reich (Generalgouvernement Bessarabien), kam dann zum Königreich Rumänien und wurde 1940 auf Grund des Hitler-Stalin-Paktes ein Teil der Sowjetunion. 1941 bis 1944 wurde sie von Rumänien besetzt, danach war sie ein Teil der Ukrainischen SSR beziehungsweise seit 1991 ein Teil der heutigen Ukraine. Die deutsche Bevölkerung schloss sich nach der sowjetischen Besetzung 1940 nahezu geschlossen der Umsiedlung ins Deutsche Reich an.
Tarutino wurde 1814 von deutschen Auswanderern als eine der ersten Kolonien gegründet. Die Auswanderer, die sich hier niederließen, stammten vorwiegend aus dem norddeutschen Bereich. Darunter waren etwa 500 Personen aus Preußen, 250 aus Preußisch-Polen und 90 aus Mecklenburg. Nur etwa 70 stammten aus Württemberg. Daher wurde im Ort plattdeutsch gesprochen. Bei der Auswahl des Siedlungsortes war eine Wasserquelle entscheidend. Ursprünglich hieß der Ort auf Geheiß der russischen Ansiedlungsbehörde "Elisabeth", später wurde er in Tarutino umbenannt. Diese Namensgebung beruht auf der siegreichen Schlacht bei Tarutino der Russen gegen Napoleon während des Vaterländischen Kriegs 1812 beim Dorf Tarutino im Gouvernement Kaluga.
Ihre gute wirtschaftliche Entwicklung verdankt die Siedlung einem 1826 eingerichteten Wochenmarkt. Später gab es einen Getreide-, Pferde-, Wein- und Holzmarkt. Tarutino war die größte bessarabiendeutsche Ansiedlung in Bessarabien mit etwa 3.700 Bewohnern im Jahr 1940. Im Ort befanden sich zwei der drei höheren Schulen der Bessarabiendeutschen:
• Evangelisch-deutsches Lyzeum (Höhere Töchterschule), 1878 eröffnet
• Evangelisch-deutsches Knaben-Gymnasium,1906 eröffnet
Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts siedelten sich im Ort zahlreiche Industriebetriebe an, beispielsweise eine Tuchfabrik, Brauerei, Färberei, Spinnerei, Gießerei, Dampfmühle, Ziegelei, Druckerei, Molkereien. Im Geschäftsbereich gab es Läden für Schuhe, Glas, Kurzwaren, Leder, Banken, Buchhandel.
Die Bessarabiendeutschen entwickelten ein reiches kulturelles Leben mit vielen Sport- und Bildungsvereinen.
Literatur/Referenzen
Kern, A. (1976): Heimatbuch der Bessarabiendeutschen
Weitere Literatur
Bisle, et al. (1996): Tarutino. Zentrum der Deutschen in Bessarabien. 1918-1940. Dokumentation. (Hrsg.) Elvire Bisle-Fandrich und Hellmuth H. Bisle. Bremerhaven.
http://de.wikipedia.org/wiki/Tarutyne
Kontakt in Deutschland:
Renate Tarnaske, Tel. 040 76113858 oder Mail:
Bitte Javascript aktivieren!
Liliencronstr. 31, 21629 Neu Wulmstorf