Bedeutung des Namens
Der Name „Leipzig“ wurde von der russischen Regierung gewählt, um an die Völkerschlacht bei Leipzig vom 18. Oktober 1813 zu erinnern, in der die Verbündeten Napoleon besiegten (KERN, A. 1976, S. 311).
Landmenge (Hektar) – bei Gründung/bei Umsiedlung
Beginn: 7.346 Hektar (KERN, A. 1976, S. 13)
Vor Umsiedlung: 8.390 Hektar (KERN, A. 1976, S. 301ff.)
Lokalisierung
Damals: Das Dorf Leipzig befand sich im Kreis Akkerman, im südlichen Teil des damaligen Russischen Kaiserreichs, im heutigen Gebiet der Ukraine.
Heute: Die Region liegt immer noch in der Nähe des Kogälnik und der Grenze zur Gemarkung Kulm, der Ort heißt Serpnewe/Серпневе (KERN, A. 1976, S. 301ff.).
Karte
Gründerfamilien
Unter der Führung von Martin Frieß, Friedrich Rieß und Peter Steinke, manche auch allein, kamen im Herbst 1814 nacheinander 128 Familien in der Steppe Nummer sieben und Nummer zwölf an, die dem Staatsrat Chanow und dem General Subanajew gehörten. Diese Familien stammten aus verschiedenen Ländern Deutschlands: aus Preußen, Sachsen, Bayern, Mecklenburg, Baden, Kurpfalz, Pommern und Danzig. Besonders auffällig war die starke norddeutsche Prägung (KERN, A. 1976, S. 311).
Einwohner
1930: 2.154 Deutsche, 368 Andere
1940: 2.302 Deutsche, 290 Anderen (KERN, A. 1976, S. 301ff.)
Anzahl der Familien Umsiedlung
122 Familien zu Beginn der Gründung, später dann 128 Familien (KERN, A. 1976, S. 13 und S. 311).
Dominante Sprache und Mundart
Die Bewohner sprachen einen plattdeutschen Dialekt mit hochdeutscher Akzentuierung (KERN, A. 1976, S. 311).
Glaubensrichtung
Die Kolonie gehörte zunächst zum Kirchspiel Tarutino und gründete 1926 ihr eigenes Kirchspiel mit einem eigenen Pastor (KERN, A. 1976, S. 311).
Die Kolonisten waren evangelisch (evangelische Glaubensrichtung).
Hauptbeschäftigung
Die Hauptbeschäftigung der Kolonisten war die Landwirtschaft, insbesondere die Viehzucht und der Ackerbau. Nach dem Bau der Bahnstation 1877 konnte die Landwirtschaft von verbesserten Absatzmöglichkeiten profitieren (KERN, A. 1976, S. 311).
Historie
Die auf 60 Deßjatinen bemessenen Wirtschaften wurden durch die Bahn um je zwei Deßjatinen verkleinert. Sie lagen auf der linken Seite des Kogälnik, an der Grenze zu der Gemarkung Kulm. — Kulm sah oft hinab ins Tal, wo Leipzig zur Zeit der Schneeschmelze und nach wolkenbruchartigen Regen in „Wassersnot" geriet.
Der Boden der Leipziger Markung besteht aus schwarzer Humuserde vermischt mit Sand, in den Tälern ist er sehr „hitzig", d. h. salpetrig. Reiner Humusboden ist selten. Die Ansiedler waren in der ersten Zeit sehr enttäuscht, und es galt allgemein das Urteil: „Es wächst doch nichts". Doch hat man von Anfang an aus diesem Grunde Wald und Weinberge angelegt und damit das Richtige getroffen. Die Erschließung des Bodens war schwer, denn die Krone hat eine schwache Erstausstattung gegeben; Pro Wirtschaft und Familie: ein paar Ochsen, eine Kuh, einen hölzernen Wagen, einen Pflug, eine Egge, einen Spaten, eine Hacke, zwei Sensen, einen Hammer.
Die Missernten der Jahre 1821, 1822, 1823 und 1833 verstärkten die ohnehin schon große Missstimmung noch mehr. So verlief die Aufwärtsentwicklung nur schleppend. Eine Statistik aus dem Jahre 1827, zwölf Jahre nach der Gründung, beweist das. Es stand erst ein steinernes Haus gegenüber zwölf aus Zweigen erbauten, mit Lehm beworfenen Häusern, drei Patzenhäusern und zwei Erdhütten. Doch waren schon 100 Brunnen, 126 Obst- und Weingärten, 254 Pferde, 1118 Stück Hornvieh und 644 Schafe da. Der Gemeindebericht nach zwei Jahrzehnten (1848) hält sich aber weniger an der schleppenden Aufwärtsentwicklung der Wirtschaften, sondern an dem religiössittlichen Zerfall der Gemeinde auf. Er sagt: „Die meisten Ansiedler waren von vorne herein mit dem Vorurteil, es wächst doch nichts' erfüllt", was die Lust zur Arbeit lähmte. Die Heuschreckenplage in den Jahren 1826, 1827, 1847, die Cholera 1831, 1848, 1855, sowie die Pest und die Viehseuchen 1823, 1833, 1839 und 1844 wirkten sich in nachteiligem Sinne aus: in religiöser Gleichgültigkeit, sittlicher Laxheit, in Unbotmäßigkeit gegen die örtliche Obrigkeit und in der nach verwerflichen Gesichtspunkten getroffenen Wahl der Vorgesetzten.
Der kritische Punkt war 1848 bereits überwunden. Auf allen Gebieten trat unter der Führung tüchtiger Männer eine Besinnung ein. Man kann diese innere Wandlung an einem für Leipzig bezeichnenden Beispiel deutlich machen: Während in großen und reichen Gemeinden zwei und mehr artesische Brunnen das Trinkwasser für die Hauswirtschaft lieferten, gab es in Leipzig nach hundert Jahren des Bestehens 121 artesische Brunnen, das heißt in jedem überdurchschnittlichen Bauernhof einen. Dieses Wasser war bekömmlich wie Quellwasser. Auswärtige hielten bei der Durchfahrt gerne an, um dieses gute „Leipziger Wasser" zu genießen.
Man sah das bald an der Gestaltung des Dorfes. Vom Kirchturm aus boten die zwei schönen Häuserreihen mit den weißen Zementdachpfannen, den Akazienalleen zu beiden Seiten des fünf Kilometer langen Dorfes einen schönen Anblick der Ordnung und Sauberkeit, auch des bereits eingetretenen Wohlstandes. Die neuesten Bauernhöfe waren in ihrer ansehnlichen Größe nach folgendem Plan angelegt: die eine Längsseite wurde mit den hohen, hellen Wohnungen und mit den Wirtschaftsräumen bebaut, in dem Quergebäude mit einer Durchfahrt in den Hinterhof wurden die Tiere untergebracht. Ein Überblick gestattete bei Unwetter trockenen Fußes die Räume zu kontrollieren. Im Jahre 1927 zählte man in der Gemeinde 936 Stein- und Patzenhäuser, 646 Ställe für Pferde, 502 Scheunen, 135 gewöhnliche Brunnen (Schöpfbrunnen), 121 artesische Brunnen, 995 Pferde, 1239 Stück Hornvieh und 3801 Schafe. Bis zur Umsiedlung hatten sich diese Zahlen noch wesentlich erhöht.
Einen Schulunterricht gab es in Leipzig erst, nachdem im Jahre 1829 ein Schulgebäude aufgeführt wurde. Dieses Gebäude erfüllte seinen Zweck bis 1868, als eine zweite Schule erstellt wurde. Zwei Lehrer unterrichteten damals 280 bis 335 Kinder.
Auszüge aus Heimatbuch der Bessarabiendeutschen, Pastor Albert Kern, S. 311-316
Downloads
Geschichte von Leipzig 1815 bis 1940
Literatur/Referenzen
Kern, A. (1976): Heimatbuch der Bessarabiendeutschen
Weitere Literatur
Lächelt, A. (1982): Heimatbuch Leipzig/ Bessarabien. Auf Wunsch der Leipziger Landsleute. (Hrsg.) Erschienen im Eigenverlag. Nördlingen.