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Kulm

Culm von 1940 bis 1995
(Podgornoje?) Pidhirne seit 1995

Gründungsjahr

1815 (KERN, A. 1976, S.13)

Siedlungsnummer

Nummer 5 

Kreis

Akkerman (KERN, A. 1976, S.296ff.)
Kulm
Kulm

Bedeutung des Namens

Der Name „Kulm“ leitet sich von der geographischen Lage des Ortes ab, der „auf dem Berge liegt“. Die Siedler waren ursprünglich Talbewohner und zogen erst später auf den Berg. (KERN, A. 1976, S.296ff.)

Landmenge (Hektar) – bei Gründung/bei Umsiedlung

Beginn: 6.460 Hektar

Vor Umsiedlung: 7.057 Hektar (KERN, A. 1976, S.13 und S.296ff.)

Lokalisierung

Kulm wurde im südlichen Bessarabien im Kreis Akkerman gegründet. Der Ort liegt heute in der Region Odessa, Ukraine und heißt Pidhirne. (KERN, A. 1976, S.296ff.)

Kulm gehörte zum Wolost (Gebietsamt) Malojaroslawetz. In der Zeit zwischen 1872 und 1919 war Kulm selbst Gebietsamt. Das brachte viele Vorteile mit sich. Ein Gebietsamt hatte einen eigenen Gerichtsstand, eine eigene Waisenkasse, und der Oberschulz konnte Strafen verhängen.

Karte

Gründerfamilien

Es siedelten sich 124 Familien mit insgesamt 520 Personen auf dem ihnen
zugewiesenen Land an.

Die ersten Kulmer Siedler kamen ursprünglich aus Preußen, Pommern, Mecklenburg und Württemberg. Diese Familien waren bereits seit der ersten Teilung Polens 1772 in Polen ansässig und wanderten später nach Bessarabien aus. (KERN, A. 1976, S.296ff.) 

Einwohner

1930: 1.525 Deutsche / 62 Andere 
1940: 1.711 Deutsche / 51 Andere (Website und KERN, A. 1976, S.296ff.)

Anzahl der Familien Umsiedlung

108 Familien (KERN, A. 1976, S.13)

Besonderheiten der Kolonie

Kulm war eine landwirtschaftlich orientierte Kolonie, die insbesondere Viehzucht und Weinbau betrieb. Die Hänge des Ortes boten einen idealen Boden für den Weinbau. Es gab auch eine Zementziegelfabrik und Dampfmühle sowie zahlreiche Windmühlen. Die Kolonie war sehr erfolgreich in der Viehzucht, mit einer großen Anzahl an Hornvieh und Schafen. Die Bewohner hatten auch Obstgärten und Weinbauflächen, was zur Vielfalt der Landwirtschaft beitrug. Die Kolonie erlebte eine stetige Zunahme an Bevölkerung, was zu einer verstärkten Landteilung führte und die Abwanderung der Bevölkerung anregte. (KERN, A. 1976, S.296ff.)

Nachdem die Wehrpflicht in Bessarabien wieder eingeführt wurde, wanderten viele Kulmer nach USA aus, wo einige von Ihnen den Ort Kulm in North Dakota gründeten.

Dominante Sprache und Mundart

Die dominante Sprache in Kulm war Deutsch, und die Mundart stammte hauptsächlich aus den deutschen Gebieten wie Preußen und Mecklenburg. (KERN, A. 1976, S.296ff.)

Das anfänglich gesprochene Plattdeutsch wurde durch den Zuzug schwäbischer Kolonisten zurückgedrängt und mischte sich mit der Zeit zu einem „Kulmer“ Dialekt.

Glaubensrichtung

Kulm war vorwiegend protestantisch, wobei die Mehrheit der Bevölkerung evangelisch-lutherischen Glaubens war. Es gab eine Kirchengemeinde, die ab 1868 eine große Kirche mit Platz für 1.700 Personen besaß. (KERN, A. 1976, S.296ff.)

Hauptbeschäftigung

Die Hauptbeschäftigung in Kulm war die Landwirtschaft, insbesondere die Viehzucht (Hornvieh, Schafe, Ochsen) und der Weinbau. Zudem waren Handwerk und Gewerbe wie die Zementziegelfabrik und Mühlen weit verbreitet. Die Kolonie war auch bekannt für ihre Obstgärten und Weinberge. (KERN, A. 1976, S.296ff.)

Historie

Kulm wurde 1815 gegründet und war eine landwirtschaftlich geprägte Kolonie in Bessarabien. Die Gründerfamilien stammten aus Preußen, Pommern, Mecklenburg und Württemberg und waren zuvor nach Polen ausgewandert.

Der Ort wurde, wie es in Bessarabien zeitweise üblich war, nach einer berühmten Napoleonischen Schlacht benannt.

Durch neue und unvollständige Papiere der russischen Regierung, in denen als Abstammungsort nur Polen vermerkt war, lässt sich die tatsächliche Herkunft der Siedler nicht mehr genau feststellen.

Nach wenigen Jahren Aufenthalt in Polen folgten sie dem Ruf von Zar Alexander I. und brachen 1814 auf dem Landwege nach Bessarabien auf.

In moldauischen Dörfern wurden sie von den Behörden einquartiert, bis die Ihnen zugewiesene Siedlungsfläche vermessen war und das notwendige Baumaterial zur Verfügung stand. Die Reisenden mussten sich bei den Moldauern als Knechte und Arbeiter verdingen. 

In Kulm wurde der erste Ansiedlungsplan nochmals geändert. Das Dorf sollte im Tal entstehen und die Felder waren auf dem Berg. Die Feldarbeit wäre zu beschwerlich gewesen. Aus diesem Grund wurde das Dorf auch auf dem Berg angelegt, zumal dort auch ausreichend Quellen zur Verfügung standen und die fruchtbare Erde bessere Erträge versprach. Man nannte Kulm deshalb auch „das Dorf auf dem Berg“.

Kulm war bekannt für seinen Weinbau und die Viehzucht, insbesondere Hornvieh und Schafe. Die Bevölkerung wuchs stetig, und trotz der zunehmenden Landnot blieb die Kolonie auch in wirtschaftlicher Hinsicht erfolgreich. Kulm war eine protestantische Gemeinde mit einer großen Kirche und einer Schulgeschichte, die bis 1831 zurückreicht. Vor der Umsiedlung 1940 zählte Kulm 1.711 Deutsche und 51 Nichtdeutsche.

Umsiedlung

Am 24.9.1940 verließ der erste Treck der Umsiedler das Dorf. Am 6.10.1940 fuhren die letzten Siedler mit Ihren Wagen ins Umsiedlerlager nach Galatz. Im Lager Werneck bei Schweinfurt brachten die Behörden die Kulmer Umsiedler zusammen mit den Einwohnern von Romanowka unter. Ab Februar 1941, nach einem Zwischenaufenthalt in Waldhorst bei Litzmannstadt / Łódź, wurden die Bewohner von Kulm im Warthegau angesiedelt.
Die Ansiedlung erfolgte im Kreis Kosten und Lissa. Im Mai 1941 war die Ansiedlung abgeschlossen und die Dorfgemeinschaft Kulm endete damit.

Orte

Kirche
Wie üblich in Bessarabien hielten die Siedler anfänglich den Gottesdienst im Freien oder in den Privathäusern ab. Bereits 1831 bauten die Bewohner ein geräumiges Bethaus aus Stein. Zwischen 1865 und 1868 erfolgte der Bau einer Kirche. Diese kostete 14.000 Rubel. Hinzu kam noch die Arbeitsleistung der Bewohner und Fuhren mit privaten Fuhrwerken. Am 20. Oktober 1868 konnte die Kirche eingeweiht werden. Sie bot genug Raum für die damals 1700 Einwohner von Kulm. Mit der Generalsanierung der Kirche im Jahr 1912 erhielt der Innenraum helle und freundliche Farben. Im Kirchturm hingen 2 Glocken. Für eine dritte Glocke reichten die Finanzen leider nicht mehr aus. Die Kirchenorgel war eine pneumatische Orgel. Das heißt, dass während des Gottesdienstes immer eine Person den Blasebalg treten musste.
Handel und Gewerbe
Viehzucht und Weinbau stellten die Haupteinnahmequelle der Siedler dar. Nach einer Aufzeichnung von 1837 gab es in Kulm 2.200 Stück Hornvieh, hauptsächlich Schlachtvieh. Darüber hinaus 2.643 Schafe, 80 Ochsen und 270 Pferde. Die landwirtschaftlichen Flächen nutze man als Weide und zur Heugewinnung für den Winter. Die Berghänge boten eine gute Anbaufläche für Wein, der in weitem Umkreis sehr geschätzt wurde. Der Wein scheint ein allgemein zugängliches Lebensmittel gewesen zu sein. Noch 1925 klagte ein Lehrer, dass einige Schulkinder an kalten Tagen statt Milch Wein mitbekämen, was nicht gerade der Aufmerksamkeit und Konzentration zuträglich sei. Nur ein kleiner Teil des Bodens wurde für den Ackerbau genutzt. Vornehmlich bauten die Kolonisten Mais an, der auf der fruchtbaren „Dammerde“ besonders gut gedieh. Die Körner wurden zur Schweinemast verwendet, die Maisstängel als Futter und die abgefressenen Kolben als Brennmaterial. Das Handwerk in Kulm hatte nur geringe Bedeutung. Es gab Tischler, Schmiede, zwei Schneider und zwei Maurer, die vorwiegend für den Eigenbedarf arbeiteten. Im Jahr 1872 bestanden noch elf Windmühlen und sieben Pferdemühlen. Außerdem hatten die Kulmer eine Dampfmühle und eine Zementfabrik. In den wenigen Privatläden konnte nur das Nötigste gekauft werden – nämlich das, was die Kolonisten nicht selbst produzieren konnten, wie zum Beispiel: Zucker, Salz, Tee, Kaffeebohnen, Seife und Petroleum. Darüber hinaus existierte noch ein Konsumladen mit Molkerei. Die Märkte in Tarutino und Romanowaka boten weitere Einkaufsmöglichkeiten.
Schule
Bis 1831waren es Bauern die den Schulunterricht in einem gepachteten Haus abhielten. 1831 wurde die erste Schule gebaut und bereits 1841 durch ein geräumigeres Gebäude ersetzt. Bis 1891 erfolgte der Unterricht in der Kirchenschule unter Aufsicht des Pfarrers. In der staatlich geführten Schule unterrichteten ab 1924 auch rumänische Lehrer. In den letzten Jahren des Bestehens hatte Kulm fünf Klassenräume für ca. 260 Schüler. Im Schulgebäude waren noch zwei Lehrerwohnungen untergebracht.

Literatur/Referenzen

KERN, A. (1976): Heimatbuch der Bessarabiendeutschen

Heimatbuch der Gemeinde Kulm

Kurze Geschichte der Gemeinde Kulm; Verfasst von Küsterlehrer David Treichel

Weitere Literatur

RADKE, H. (1992): Foto Dokumentation der Kulmer aus Bessarabien. (Hrsg.) Selbstverlag von Herbert Radke. Langen.  
 
GACHET, H.G. ET AL (1968): Heimatbuch der Gemeinde Kulm. (Hrsg.) Arbeitskreis. Frankfurt am Main.