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Brienne

Baius von 1940 bis 1995
Brienne seit 1995

Gründungsjahr

1816

Siedlungsnummer

Nummer 15

Kreis

Akkerman
Brienne
Brienne

Landmenge (Hektar) – bei Gründung/bei Umsiedlung

Anfangs 4914 Hektar
später 5560 Hektar (inkl. Steinbruch) (Kern, A. 1976, S. 13 und S. 172ff.)

Bedeutung des Namens

Der Name „Brienne“ erinnert an die Kriegsschule Napoleons und die Niederlage der Korsen durch die Verbündeten im Jahr 1812.
(Kern, A. 1976, S. 181ff.)

Lokalisierung

Brienne lag im damals russischen Bessarabien, in der heutigen Ukraine, im Kreis Akkerman. Die heutige Lokalisierung befindet sich in der Nähe der Stadt Bilhorod-Dnistrovskyi (Arzis). 

Gründerfamilien

Die ersten Siedler kamen aus dem königlich-preußischen Bezirk Bomberg und zogen 1814 nach Bessarabien. Diese wurden von Alexander I. zur Besiedlung Bessarabiens eingeladen. Die Familie des Wanderschulzen Krüger führte die ersten Siedler an. Später kamen auch Schwaben aus dem Chersonischen hinzu.

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Liste der ersten Kolonisten
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Einwohner

Einwohner 1930: 1.640 Deutsche / 43 Andere
Einwohner 1940: 1.820 Deutsche / 23 Andere (Kern, A. 1976, S. 172ff.)

Anzahl der Familien Umsiedlung

82 Siedlerfamilien bei der Gründung, 84 Familien vor der Umsiedlung. (Kern, A. 1976, S. 13 und S. 181ff.)

Karte

Dominante Sprache und Mundart

Die Gründer sprachen Plattdeutsch, ähnlich wie die Arzisern. 1833 kamen schwäbische Siedler, was zu einem sprachlichen „Krieg“ führte und einen eigenen, nur in Brienne gesprochenen Dialekt zur Folge hatte. (Kern, A. 1976, S. 181ff.)

Glaubensrichtung

Die Kolonie war überwiegend evangelisch-lutherisch. Brienne war Hauptgemeinde des Arziser Kirchspiels und besaß eine eigene Kirche, deren Bau 1852 abgeschlossen wurde.
(Kern, A. 1976, S. 181ff.)

Hauptbeschäftigung

Die Hauptbeschäftigung der Brienner war die Landwirtschaft, insbesondere die Viehzucht, darunter Pferdezucht, die nur von Friedenstal übertroffen wurde. Mit der Einführung der Milchviehzucht und dem Aufbau einer Molkerei (Danemarca) stieg auch die Bedeutung der Milchproduktion. Die Landwirtschaft war geprägt von Schwarzerde, ideal für den Anbau von Getreide. (Kern, A. 1976, S. 181ff.)

Kam man um die Jahrhundertwende vom Westen den „Brienner Berg" herunter, so eröffnete sich dem Besucher ein für die Steppe des Budschak ungewöhnlich weites und abwechslungsreiches Bild. Wo einst weit und breit kein Baum, kein Strauch, höchstens Steppenkraut, Dornen und Disteln zu sehen waren und im Sommer die Pfützen des noch nicht ganz ausgetrockneten Steppenflusses Kogälnik, da lagen rechts und links der Straße prächtige Weingärten, durchsetzt mit fruchtbaren Obstbäumen. Die weißen Häuser, erbaut aus dem Muschelkalkstein der Brienner Steinbrüche, wurden auf halber Höhe sichtbar wie die Dorfstraße mit den weißen Hofmauern, die sich an diese anschmiegten, als suchten sie Schutz und Rettung vor den Überschwemmungen, die das Kogälniktal oft heimsuchten. Von der Anhöhe konnten die Brienner unbesorgt dem Schauspiel zusehen, das die jenseits des Kogälnik liegende Gemeinde Arzis in Schrecken versetzte.

Der schönste Blick war in den Wald, der von der Gemeinde Brienne und von den Arzisern zu beiden Seiten des Kogälnik angepflanzt worden war. Zu Brienne gehörten 21 Hektar dieses Waldes, in welchem sich „eine Menge verschiedener Singvögel" ansiedelte, die auch dem Obstbau nützlich wurden; da wären die Nachtigall und ihr bunter Vetter, der Pirol, zu nennen. Im Schilf und Röhricht „siedelten sich auch Wasservögel in reichem Maße an, so daß die Frosch- und Krähenkonzerte doch wenigstens zeitweise übertönt wurden".

Unter der Führung des Wanderschulzen Krüger trafen die ersten Günder schon 1814 ein. Sie kamen aus dem königlich-preußischen Bezirk Bromberg, wanderten von dort in das 1807 gegründete Herzogtum Warschau weiter und folgten dem Rufe Alexander I. nach Bessarabien. Zwei volle Jahre waren die bitter Enttäuschten gezwungen, in moldauischen Dörfern bei Ka•uschani unter den primitivsten Verhältnissen zu wohnen, nachdem die geringen Barmittel ausgegangen waren, und der Gouverneur Harting – kein Freund der Kolonisten, obwohl Deutscher – sich um die Verpflegung wenig kümmerte. Als die Gründer dann auf den zugewiesenen Landteil Nummer fünfzehn kamen, um ihr Quartier zu beziehen, war nahe und fern nur Einöde zu sehen! Der Name „Peterswunsch", den der Kontorpräsident Müller der neuen Siedlung gab, war ein symbolischer und deutete vielleicht auf die Steinbrüche hin, die es hier gab. ‚Viel Steine gab`s und wenig Brot." Aber die Steine in den sofort entdeckten „Brienner Bergen" waren ein Reichtum. Die Erdbuden, die als Notbehelf errichtet wurden, wichen bald Steinhäusern. Die Einnahmen aus den Steinbrüchen halfen mit, die Häuser besser zu gestalten und die Höfe einzufrieden. Jeder Hof war 232 Meter lang und 47 Meter breit. Zwischen der etwa 22 Meter breiten Dorfstraße und jeder Häuserreihe zog sich die Hof- und Straßenmauer, jeweils nur durch eine Hofeinfahrt unterbrochen, die mit einem Tor zu schließen war. Ein paar Meter von der Hofmauer entfernt standen die Wohnhäuser, darauf folgten die Wirtschaftsgebäude und hinter diesen wieder eine Hofmauer mit einem Tor, so dass der Hof eingefriedet war. Hinter dieser Mauer befanden sich der Dreschplatz, die Spreuhütte und die Strohschober, dann der Garten und Obstgarten. Der etwa zwei Meter breite Bürgersteig war durch die Straßenmauer und eine Reihe Akazien abgegrenzt. Zwischen Hofmauer und Wohnhaus lag das übliche Blumengärtchen. Bergauf führte die Dorfstraße nach dem Schwabendorf Teplitz, bergab nach dem Russendorf Pawlowka

Brienne besaß 5560 Hektar Land, den Steinbruch eingerechnet. Die vierundachtzig Ansiedlerfamilien erhielten je 60 Hektar Land. Mit weitsichtigem Blick entdeckten die Siedler, dass die Anhöhe alle Voraussetzungen für Obst- und Weinbau bot. 1848 hatte schon beinahe jedes Haus einen gewölbten Keller für Wein und Obst. Der Wein fand seiner Güte halber guten Absatz, ebenso das Obst. Aber auch das Land auf der Hochebene war fruchtbar: Schwarzerde mit Sand und Salpeter vermischt. Bei genügend Niederschlag gab es reiche Ernten. Obwohl das Dorf, wegen des Wasserspiegels unten am Hang angelegt, viel Mühe hatte, das Trinkwasser für das Vieh auf die Hochebene zu bringen, spielte die Viehzucht in Brienne doch eine ausschlaggebende Rolle. Die Pferdezucht wurde nur noch von der Friedenstals übertroffen. Jeder Pferdemarkt brachte Geld, alles in allem oft mehr als die Landwirtschaft. Um die Jahrhundertwende wurde aber auch das graublaue Steppenrind durch

Rassenvieh ersetzt und damit eine beträchtliche Neueinnahme erschlossen. Die gesteigerte Milchproduktion führte nach dem Ersten Weltkrieg zur Gründung der Molkerei und Milchverwertungsgenossenschaft „Danemarca" unter der Leitung eines Fachmannes aus Dänemark.

Auch das Handwerk blühte auf. Im Jahre 1940 gab es in Brienne dreizehn Tischlermeister, vier Schmiede, drei Schlosser, acht Schuster, sieben Schneider, sechs Maurer, drei Böttcher, einen Drechsler, einen Uhrmacher. Dass nur zwei Kolonialwarengeschäfte am Ort waren, geht auf die Nähe des Marktfleckens Arzis zurück, wo man seine Waren anbot und Kurzwaren einkaufte.

Die Gemeinde Brienne hat immer für Kirche und Schule gesorgt. 1840 wurde eine neue Schule aus zwei Klassenräumen erbaut und dazu ein schöner Schulgarten mit Obst- und Waldbäumen angelegt. Das alte Schulgebäude wurde für Verwaltungszwecke verwendet. Mit dem Bau einer Kirche wurde 1839 begonnen, doch wurde er angeblich wegen der Pest 1838 und 1839 wieder eingestellt. Erst 1849 ließ sich die Gemeinde zum Weiterbauen bewegen. 1852 wurde die Kirche eingeweiht. Sie war für die wachsende Gemeinde zu klein. Im Volksmund sagte man: „Wenn alle reingehen, gehen nicht alle rein; wenn nicht alle reingehen, gehen alle rein."

Um einen der Größe der Gemeinde entsprechenden Kirchenbau haben sich Vordermänner, vor allem Lehrer Christian Hermann, unablässig bemüht. Nachdem 1904 von dem Kirchbaukapital 9000 Rubel für eine sehr schöne, allen Anforderungen entsprechende Schule mit drei großen Räumen, großen Korridoren und zwei kleinen Nebenräumen abgezweigt worden waren, war der neue Kirchbau nicht mehr möglich. 1908 baute die Gemeinde auf dem Schulhof eine Küster- und Küstergehilfenwohnung. Das Kirchbaukapital war danach wieder auf 32.000 Rubel angewachsen.

Leider wurde im Ersten Weltkrieg das Kapital zum Kauf von Nachschubfuhrwerken (Pogonzy) verwendet. Dann verstummte die Rede vom Kirchbau. Eine Wirtschaft Land, die dem Zugriff der Expropriation entzogen wurde, wurde von den Bauern umsonst eingesät und der Ertrag in das „verlorene Kirchenkapital" verwandelt. 1934 wurde der Grundstein zu der schönen, teilweise in gotischem Stil gehaltenen Kirche gelegt. Der Rohbau mit den eingesetzten Fenstern hatte 1,5 Millionen Lei gekostet. Da kam die Umsiedlung.

Brienne war Hauptgemeinde des Arziser Kirchspiels. Sie hatte neben der regelmäßigen pastoralen Bedienung in Abwesenheit des Pastors von tüchtigen Küsterlehrern gehaltene Lesegottesdienste.

Nach der Kartei festgestellte Verluste unter den Zivilpersonen (Stand vorn 31. Dezember 1964)
Verschleppte: 16
Auf der Flucht und in der Verschleppung Verstorbene: 23

Quelle: Heimatbuch der Bessarabiendeutschen, Pastor Albert Kern, S. 181-185

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Geschichte von Brienne
Ungekürzter Auszug aus: Heimatbuch der Bessarabiendeutschen, Pastor Albert Kern, S. 181-185
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Literatur/Referenzen

Kern, A. (1976): Heimatbuch der Bessarabiendeutschen

Weitere Literatur

Ziebart, A. (1967): Brienne – Bessarabien. 1816-1966. 150 Jahre. (Hrsg.) Erschienen im Eigenverlag. Ludwigsburg

Wälz, E. et al. (1991): Bilderband Brienne Bessarabien. 175 Jahre. (Hrsg.) Selbstverlag

Berichte und Bücher